cd
EGON WELLESZ (1885-1974)
MARGARETE BABINSKY, Klavier / piano
DAVID FRÜHWIRTH, Violine / violin
RUNDFUNK SINFONIE-ORCHESTER BERLIN
ROGER EPPLE, Dirigent / conductor
Am 21. Oktober 1885 wurde Egon Wellesz in Wien als einziges Kind einer aus dem ungarischen Teil der Donaumonarchie zugezogenen wohlhabenden Kaufmannsfamilie geboren. Nach der Reifeprüfung und einem kurzem Intermezzo als Hörer an der juridischen Fakultät der Universität Wien wechselte er zur Musikwissenschaft (sein verehrter Lehrer war bekanntlich Guido Adler) und wurde daneben einer der ersten Privatschüler Arnold Schönbergs. Obwohl er sich dessen strengem Unterricht schon nach zwei Jahren entzog und eigene Wege ging – was ihm Schönberg nie wirklich verzieh –, stellten sich schon bald erste Erfolge ein. Vor 1938 zählte Wellesz sogar zu den wichtigsten zeitgenössischen Komponisten überhaupt: Interpreten von Rang nahmen sich seiner Werke an und seine zahlreichen Arbeiten für das Musik- und Tanztheater, die teilweise auf Libretti der Freunde Jakob Wassermann und Hugo von Hofmannsthal geschrieben wurden, standen permanent auf den Spielplänen der wichtigsten deutschsprachigen Bühnen. Aber auch als Musikwissenschaftler leistete er etwa mit der erstmaligen Entzifferung der byzantinischen Notenschrift, mit seinen Arbeiten über die Barockoper oder mit der überhaupt ersten Schönberg-Biographie Hervorragendes.
Von 1918 bis 1937 verbrachte Egon Wellesz zusammen mit seiner Familie alle Sommer in Alt-Aussee in der Steiermark, er nütze diese Zeit der Ruhe vornehmlich zum Komponieren, wozu er während des anstrengenden Arbeitsjahres an der Universität nur selten kam. So wurde auch das Konzert für Klavier und Orchester, op. 49 dort zu Beginn des Sommers 1933 in Angriff genommen und bereits am 20. Juli desselben Jahres beendet. Es zeigt des Komponisten damalige intensive Beschäftigung mit neobarocken und neoklassizistischen Kompositionstechniken, immer allerdings durch die Brille eines dem Schönberg-Kreis in gewisser Hinsicht nahe stehenden Komponisten gesehen.
Die Ereignisse des 12. März 1938 beendeten diese so erfolgreiche Karriere jedoch abrupt. Sie hatten für Wellesz empfindliche Konsequenzen: Als Jude, Monarchist und Verfasser von “entarteter Musik” wurde der 53jährige, der sich glücklicherweise in diesen Tagen zufällig in Holland bei Aufführungen seines Erfolgsstücks “Prosperos Beschwörungen” aufhielt und wohlweislich nicht mehr zurückkehrte, sofort nach der “Machtübernahme” aller seiner Ämter enthoben und polizeilich gesucht.
Das bemerkenswerte Violinkonzert, op. 84, aus dem Jahre 1961 unterscheidet sich nicht nur in seiner Tonsprache signifikant vom nicht ganz dreißig Jahre zuvor entstandenen Klavierkonzert. Zwischen 19. März und 30. April 1961 komponiert, zog sich die Instrumentation dann doch bis zum 10. Juli dieses Jahres hin. Das Werk wurde durch den Wiener Geiger Eduard Melkus beauftragt und am 12. Jänner 1962 in Wien mit Melkus als Solisten und dem “Großen Orchester des Österreichischen Rundfunks” uraufgeführt.